Im Kopenhagener Zoo schlachten Tierärzte eine kranke Giraffe vor Besuchern und verfüttern ihr Fleisch an die Löwen. Die Aufregung in Deutschland darüber ist riesengroß.
Auf Sylt töten staatlich bestellte Robbenjäger erkrankte Seehund-Junge. Insulaner und Touristen, die das makabere Prozedere am Strand miterleben, erzeugen derzeit eine gewaltige Welle der Empörung.
Der Naturschutz ist in unserer Gesellschaft zu einer Ersatzreligion geworden. Je urbaner, technischer, hektischer wir in unseren Städten leben, desto mehr wünschen wir uns da draußen eine heile Welt. In den Tierparks personifizieren wir die Bewohner. Der Eisbär heißt Knut, der neugeborene Elefant Ludwig – und jemanden, der einen Namen trägt, den töten wir nicht.
Den beiden oben genannten Fällen ist gemeinsam, dass sie vor Publikum stattfanden. Wenn schon unangenehme Dinge passieren, wollen wir sie wenigstens nicht sehen. Solche Szenen zu zeigen, ist schon in Tierfilmen äußerst schwierig. Für eine meiner Produktionen war ich in der Antarktis. Da gab es in einer Bucht wie bei Jules Verne einen riesigen Krater voller Wasser. Dort lebten Südliche Seeelefanten und Tausende Zügelpinguine. Die veranstalteten bei der Balz einen irren Lärm. Ein Fest des Lebens. Doch mitten unter ihnen lagen hunderte verendete Jungtiere. Es roch furchtbar nach Verwesung, und die Raubmöwen pickten an den Kadavern. Anders als die Tötung der Seehunde auf Sylt bekommt das aber keiner mit. Im Fernsehen will es keiner sehen.
Auch ich wäre schockiert, wenn ich am Strand der Nordseeinsel spazieren ginge, und plötzlich käme ein Jäger im Geländewagen angebraust und erlegte die Kranken mit einem Genickschuss. Das sollten die Behörden dort auch viel sensibler erledigen. Aber die Tiere leiden nun mal an starkem Parasitenbefall oder Virusinfektionen. Die Frage an die Spaziergänger, die sich nun so sehr darüber aufregen, wäre: Fänden sie es besser, wenn jeden Tag ein paar Leichname im Sand lägen, von Aasfressern angeknabbert würden und langsam dort verrotteten, wie es in der Natur eben abläuft? Auf der Helgoland vorgelagerten Insel, Düne Süd, läuft das so. Dort hat sich glücklicherweise wieder eine Kegelrobben-Kolonie etabliert. Als wir auf der Insel filmten, fand ich eines der Tiere todkrank. Der Seehund hatte ein blutverschmiertes Maul. Ich dachte, er hätte zu viel Fisch gefressen. Aber den Seehundjäger, den es auch dort gibt, sagte ganz trocken: „Der spuckt grad seine eigene Lunge aus." Er tötete ihn nicht, sondern ließ ihn natürlich verenden. Wir sahen das Tier jeden Tag wieder, und erst am vierten Tag war es tot.
So ist das in freier Wildbahn: Die Kranken und Schwachen fallen über den Rand. Für eine sozial eingestellte Gesellschaft, in der auch gefährdeten Menschen geholfen wird, ist das schwer auszuhalten. Bei aller Tierliebe sollten wir uns aber mit dem normalen Kreislauf des Lebensauseinandersetzen: Der Tod gehört dazu.
Die Menschen wären furchtbar erschüttert, wenn sie wüssten wie viele Rehkitze und Wildschwein-Frischlinge jedes Jahr sterben. In einem kühlen, feuchten Frühjahr, in dem sich die Jungen schnell eine Lungenentzündung einfangen, ist es oft die Hälfte. Allein 200.000 kleine Wildschweine, deren Kadaver oft auch noch von ihrer Mutter aufgefressen werden! In so einer nahrungsarmen Zeit braucht sie das Eiweiß, um für die überlebenden Schweinchen Muttermilch zu produzieren. Das ist der Lauf der Dinge. Aber als wir das im Fernsehen gezeigt haben, waren viele Zuschauer entsetzt. Weil es fern des Idylls vom „Forsthaus Falkenau" liegt. In dieser TV-Serie fiel ja in zwanzig Jahren kein einziger Schuss. Nicht mal um einen schwer verletzten Hirsch von seinen Schmerzen zu erlösen. Wir haben ein Naturbild, das von schönen Bildern lebt und sollten aber nicht vergessen, dass dies mit der Realität oft nicht viel zu tun hat.
Auf Düne Süd. Auch wenn der etwa 7 Monate alte Seehund, auf den ersten Blick gesund aussieht, der Schein trügt. Am nächsten Morgen war er verendet. Seine Lunge war voll mit Würmern.
Noch eine ganz große Bitte:
Die Amphibien Wanderung hat begonnen! Bitte sagt auch allen Freunden und Bekannten Bescheid, dass bedingt durch die warme Witterung schon seit mehreren Tagen 100.000 Erdkröten, Moorfröschen und Feuersalamandern auf dem Weg zu ihren Laichgewässern unterwegs sind. Ihr könnt den Tieren wirklich helfen, indem ihr sie von der Straße sammelt und am Straßenrand, aber unbedingt in Richtung Laichgewässer, ins Gras setzt.
Kennt ihr zu 100% das Laichgewässer, könnt ihr die Tiere auch direkt dahin bringen. Ihr müsst euch nur sicher sein, da alle Amphibien auf ein bestimmtes Gewässer, meist ihren eigenen Geburtsort „programmiert" sind. Bringt ihr sie zum falschen Teich, wandern sie wieder los und werden vielleicht doch noch Opfer des Straßenverkehrs.
Zum Absetzen ihrer Larven oder Eier suchen Feuersalamander meistens schnellfließende Bäche auf. Im Gegensatz zu Fröschen, Kröten oder Unken haben sie eine innere Befruchtung.
Alle Amphibien verweilen in Frühjahrsnächten besonders gerne auf Straßen. Der dunkle Asphalt speichert die Wärme des Tages. Die noch Kältestarren Tiere können vor Autos nicht schnell genug flüchten.