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Deutschland braucht mehr Biber

Liebe Freunde - Deutschland braucht mehr Biber

Der Biber hatte in Deutschland nie ein leichtes Leben. Am fleischlosen Freitag war er bei Katholiken, speziell bei Mönchen, ein beliebtes Tagesmenü. Da sein breiter Schwanz geschuppt ist und er überwiegend im Wasser lebt, wurde er bei den frommen Menschen als Fisch gehandelt und durfte an den fleischlosen Tagen verzehrt werden. Einige Klöster hatten sogar spezielle Biberfänger beschäftigt.

biber

Aus seinen Analdrüsen extrahierte man das sogenannte Bibergeil. Diese harzähnliche Substanz wurde bis ins 19. Jahrhundert in der Medizin gegen Krämpfe und hysterische Anfälle eingesetzt. In der Parfümerie wurde Bibergeil dagegen wegen seiner erotisierender Note geschätzt. Im Bibergeil ist nämlich ein Pheromon enthalten, dass anregend auf die menschliche Sexualität wirkt.

Zurzeit der großen Trockenlegung und Entwässerung versumpfter Landstriche gingen ihm sehr viel Lebensraum verloren. In der Moderne machten ihm chemische Einleitungen in seine Gewässer das Fell wasserdurchlässig. Er wurde krank und konnte in diesen verseuchten Lebensräumen nicht mehr existieren. Die gnadenlose Bejagung, Umweltverschmutzung und der Verlust von Lebensraum brachten den Biber schließlich auf die Rote Liste.

Dabei ist der Biber unwissentlich, ein großer Freund des Menschen. Er reguliert durch seine Dammbauaktivitäten Wasserstände von Fließgewässern und kann so maßgeblich herannahende Flutwellen mit abbremsen helfen. In Alaska und Nordkanada habe ich es immer wieder erlebt, dass in Tälern mit Bibervorkommen, zurzeit der Schneeschmelze oder nach starken Regenfällen, Flutwellen durch das Dammlabyrinth deutlich abgebremst wurden und so an Wucht und Schnelligkeit verloren.

Biber haben ständig nachwachsende Schneidezähne, was sie dazu zwingt permanent an Hölzern zu nagen. Aus dem Grunde können Biber auch keinen Winterschlaf halten. Sie lagern für die Zeit, wo ihre Gewässer von Eis und Schnee bedeckt sind, Futtervorräte in oder unter ihrer Biberburg ein. Ihre Leibspeise sind Weidenzweige. Biber sind reine Pflanzenfresser. Die Eingänge zu ihren Bauen liegen immer unter Wasser. Diese Burgen werden aus gröberen Ästen gebaut und mit Lehm oder Schlamm verschmiert. In Deutschland graben sich Biber auch gerne in Uferböschungen hinein, was sie beim Wasserschutzamt einerseits nicht unbedingt beliebt macht. Auch möchte der Mensch die alleinige Kontrolle über die Pegelstände unserer Gewässer besitzen. Zu welchen verheerenden Katastrophen das führen kann, haben wir in den letzten Wochen schmerzlich erfahren müssen.

Biber haben das fast zwanghafte Bedürfnis die Wasserstände der Gewässer, die sie besiedeln, konstant zu halten. Dafür öffnen sie zeitweise selbsterrichtete Dämme wieder oder bauen sie höher und verstärken sie. In einigen Teilen Deutschlands geht es dem Biber eigentlich wieder recht gut. Allen voran in Brandenburg, Sachsen und Sachsen Anhalt. Die Biberpopulationen in Bayern und Baden Württemberg stammen von wieder eingebürgerten Tieren aus Skandinavien und Osteuropa. Trotzdem braucht Deutschland noch viel mehr Biber.

Leider bin ich bei unserer Brandenburg Exkursion vom Berliner Tagesspiegel am 28.07.2013 völlig falsch zitiert worden. Biberfleisch war in einigen Regionen Nordamerikas, ein fester Bestandteil der Ernährung von Indianern (Native Americans). Wir müssen aber ganz bestimmt kein Biberfleisch essen. Biberfleisch enthält natürlich auch keine Kolibakterien.

Für alle von euch, die als Wassersportler in Nordamerika oder Skandinavien unterwegs sind: Bitte trinkt kein Wasser aus Gewässern in denen Biber vorkommen könnten. Biberexkremente enthalten, wie alle Exkremente von Säugetieren, Kolibakterien – und sonst gar nichts. In Kanada und Alaska gibt es immer wieder Warnhinweise, kein Wasser aus langsam fließenden oder erwärmten Gewässern zu trinken in denen auch Biber vorkommen. Die Krankheit wird dort landläufig Biberfieber (beaver fever) genannt. Die Erreger gelangen vermeintlich durch Biberkot in die Gewässer. Es handelt sich dabei um Geißeltierchen, die man auch als Giardiasis bezeichnet. Die Symptome sind Durchfall, Blähungen und Fieber. Jedoch gelingt es dem menschlichen Immunsystem normalerweise die Erreger zu eliminieren. Ich selber hatte in meinen 14 Jahren Nordkanada und Alaska nie mit beaver fever zu tun, kenne aber einige Leute die es für Wochen umgehauen hat und deren Abenteuerurlaub damit beendet war. Daher ist es immer besser das Wasser abzukochen, zu filtern oder zu entkeimen.

Wir sollten dem Biber in Deutschland soviel Lebensraum wie nur möglich zur Verfügung stellen. Die Zeiten, in denen wir Flüsse begradigen und kanalisieren, Moore und Sumpfgebiete trocken legen und Wiesen meliorieren sollten vorbei sein. Vom Biber können wir eine Menge lernen. Das wichtigste ist vielleicht - zerstören wir unseren Lebensraum, vernichten wir auch unsere Lebensgrundlage.

Literatur Tipp: In meinem neuen National Geographic Bildband „Durch Deutschland wandern - auf der Suche nach den wilden Tieren", erfahrt ihr unter anderem mehr über Biber, Fischotter und Co.

Mit gutgelaunten Grüßen aus der Eifel
Andreas & Cleo